Hallo,
wir bauen ein Einfamilienhaus und planen gerade die Elektro-Installation - glücklicherweise mit einem technikbegeisterten Elektriker, der auch schon ein paar Häuser mit Bussystemen ausgestattet hat.
Um anderen, die auch ein Haus bauen oder modernisieren, bei der Entscheidungsfindung für oder gegen ein Bussystem zu helfen, möchte ich hier kurz meine Gedankengänge und ein paar für mich wichtige Aspekte schildern. Ein Großteil der Leute, die auf dieses Forum treffen sind wahrscheinlich schon überzeugt, aber vielleicht verirren sich ja auch noch untentschlossene Häuslebauer hierher - die noch überzeugt werden müssen! :-)
Generell sind beim Hausbau sehr viele Entscheidungen zu treffen, die in der Regel immer einen finanziellen Mehraufwand nach sich ziehen, wenn man sich für eine bestimmte Option entscheidet. Dazu gehören beispielsweise Keller ja/nein, welchen Dämmstandard, welche Heizung, Lüftungsanlage ja/nein usw. Daher sind Aussagen wie "Ein Auto kaufst du ja auch nicht mehr ohne Klimaanlage und elektrische Fensterheber!", die ich in diesem wie auch in vielen anderen Foren gelesen habe nicht wirklich hilfreich. Damit meine ich nicht nur das Bussystem, sondern diese Aussage hört man auch zu Kellern, Wärmepumpen, Lüftungsanlagen, Dämmung usw.
Hätten wir unsere Hausplanung nach diesem Motto gemacht, dann wäre das Haus so groß wie unser Grundstück geworden und meine Enkel müßten es noch abzahlen.
Daher ist es für jedes Gewerk immer wieder eine Einzelfallentscheidung, die von persönlichen Interessen, Vorlieben, hoffentlich etwas gesundem Menschenverstand und dem Geldbeutel gesteuert wird.
Ein für mich wichtiger Aspekt war und ist die Langfristigkeit aller Entscheidungen beim Hausbau - und ich meine jetzt nicht die Farbe der Haustür und ob man jetzt eine Harzer oder Frankfurter Dachpfanne nimmt. Ein Haus baut man in der Regel nicht für die nächsten fünf Jahre und baut dann das nächste, sondern man wohnt über Jahrzehnte in dem Haus.
Ein weiterer wichtiger Aspekt ist die Möglichkeit bzw. Unmöglichkeit bestimmte Dinge in ein paar Jahren nachzuziehen - vor allem zu vertretbaren Kosten. Einen Keller kann ich nicht in ein paar Jahren noch "druntersetzen", die Rohre für die Lüftungsanlage bekomme ich nicht mehr unsichtbar in die Filigrandecke, eine komplette Neuverkabelung des Hauses ist so gut wie unmöglich.
Auch wenn viele beim Hausbau noch nicht drüber nachdenken, sollte man immer den Fall betrachten, dass man das Haus eventuell wieder verkaufen muss. D.h. was kann ich jetzt beim Hausbau schon machen, um den Wiederverkaufswert zu erhalten bzw. zu steigern? Beispielsweise gehören Lüftungsanlagen meiner Meinung nach bei Niedrigenergiehäusern zum Standard. Was muss ich vermeiden bzw. unbedingt machen, damit ich das Haus überhaupt wieder verkaufen kann? Häuser mit Keller verkaufen sich womöglich besser als Häuser ohne Keller. Was kann/sollte ich besser weglassen, weil es nicht wirklich zum Wert bzw. Werterhalt des Hauses beiträgt? Farbige Fensterrahmen sehen gut aus, aber sie kosten Geld und ist in 15 Jahren wirklich noch jemand bereit mehr für das Haus zu bezahlen nur weil es farbige Fensterrahmen hat?
Der für mich wohl wichtigste Aspekt ist, welchen Mehrwert habe ich bei der Umsetzung einer bestimmten Option und bin ich bereit den entsprechenden Preis dafür zu zahlen. Jetzt kommt doch wieder das Beispiel mit dem Auto, um diesen Aspekt etwas klarer zu machen. Vor ein paar Jahren war ich auf der Suche nach einem gebrauchten VW Golf. In meiner Wunsch-Ausstattungsvariante war eine Klimaanlage sowieso dabei, es gab aber noch die Wahlmöglichkeit ob manuell oder Klimaautomatik. Ich habe mich dann für eine Klimaautomatik entschieden. Der (Mehr)Wert der Klimaautomatik ist mir erst später wirklich bewusst geworden: einmal 21°C beim Kauf eingestellt und beim Verkauf stand die Temperatur immernoch auf 21°C. Das einzige was ich an der Klimaanlage im Laufe der Jahre bedient habe war die Taste für die Frontscheibe, wenn sie stark beschlagen war. Seit dem habe ich kein Auto mehr ohne Klimaautomatik gefahren. Die Klimaautomatik ist und war ein großer Zugewinn an Sicherheit (Scheibe ist schneller frei und keine Ablenkung beim Fahren mehr durch die Bedienung der Lüftung) und Komfort. Kostet die Klimaautomatik jetzt 1000€ Aufpreis, muss jeder für sich selbst entscheiden, ob ihm der Zugewinn an Sicherheit und Komfort diese 1000€ wert ist.
In Zeiten immer weiter steigender Energiepreise und knapper werdender Ressourcen sollte man auch den ökologischen Aspekt nicht aus den Augen lassen. Kann eine bestimmte Investition dazu betragen Energie und Ressourcen zu sparen? Oder noch besser, armortisiert sich eine Investition durch Einsparungen vielleicht sogar irgendwann? Trifft nur ersteres zu, ist es wohl eher eine persönliche Entscheidung weil man der Umwelt vielleicht "etwas Gutes tun will". Armortisiert sich die Investition irgendwann, braucht man eigentlich nicht lange zu überlegen ob man es macht oder nicht.
Alle bisher genannten Aspekte fallen wohl in die Kategorie "gesunder Menschenverstand" bzw. "Geldbeutel gesteuert" - alles was jetzt folgt ist rein von persönlichen Interessen und Vorlieben gesteuert.
Generell sollte man sich selbst vielleicht mal fragen, welcher Typ "Hausbauer" bin ich? Muss alles schön sein und gut aussehen oder sind mir Funktionalität und Zweckmäßigkeit wichtiger. Ich bin eher der funktionale Typ - meine Frau zum Glück auch - was schnell dazu geführt hat, dass wir "schöne Dinge", wie z.B. farbige Fenster oder eine Stahlwangentreppe, beispielsweise gegen elektrische Rollläden getauscht haben. In Richtung Süden gibt es keine Erker, Zwerchgiebel oder was auch immer, da wir planen das komplette Dach mit Photovoltaik-Modulen zu bestücken.
Wieviel Technik muss wirklich sein? Ich habe eine technische Ausbildung gemacht, bin seit mehr als 12 Jahren Softwareentwickler, habe nebenbei Wirtschaftsingenieurwesen (halb BWL und halb Maschinenbau) studiert, bin Modellbauer (Flugzeuge, Hubschrauber). Damit wäre die Frage für mich beantwortet. Hier gibt es aber trotzdem mehrere begrenzende Faktoren. Ich werde - glücklicherweise - nicht allein in dem Haus wohnen, sondern da sind noch meine Frau und mein kleiner Sohn. Beide sollen sich wohlfühlen und das Haus auch "bedienen" können. Zum anderen soll auch Besuch mit dem Haus zurecht kommen. Sollten wir das Haus mal verkaufen oder vermieten, dann soll der Nachbesitzer bzw. Mieter auch klar kommen und nicht erst die Bedienungsanleitung für das Haus lesen müssen.
Wieviel Komfort wünsch ich mir? Um nochmal das Beispiel mit der Klimaautomatik zu bemühen. Generell finde ich dieses pauschale Argument ein Bussystem zu installieren, weil es zum Haus gehört wie die Klimaanlage zum Auto, ziemlich platt. Es verschreckt viele Neulinge und Leute die nicht so technikbegeistert sind, weil ihnen quasi indirekt an den Kopf geworfen wird, baue ein Bussystem ein oder lass den Hausbau bleiben. Jeder kennt den Komfortgewinn einer Klimaanlage - spätestens wenn er im Sommer bei 35°C im Stau steht. Aber ein Bussystem? Das kann für sich allein erstmal weder die Temperatur regeln, noch die Rollläden hoch und runter fahren, noch das Licht ein- und ausschalten. Dazu benötigt es mindestens eine Heizungsanlage, elektrische Rollläden und ein paar Lampen an der Decke - alles haben wir bei unserem Hausbau vorgesehen. Aber ein Bussystem?
Nachdem ich jetzt ein paar mir wichtige Aspekte versucht habe darzustellen, kommt nachfolgend meine "Bewertung" von KNX und der Versuch den mittleren 4-stelligen Aufpreis für unsere KNX-Basisinstallation zu rechtfertigen. ;-)
Langfristigkeit: Für mich bedeutet KNX Fortschritt und gehört in der Zukunft einfach dazu. Die Integration verschiedener Systeme und deren Automatisierung gibt es in der heutigen Welt schon überall - außer im eigenen Heim.
Nachrüstbarkeit: Ich kann mir nur schwer vorstellen, dass ich in ein paar Jahren das komplette Haus neu verkabeln werde, um bei einer konventionellen Installation dann KNX nachzurüsten. Daher wird KNX etweder jetzt beim Neubau umgesetzt, oder gar nicht.
Wiederverkauf: Da ich der Meinung bin, dass KNX bzw. generell die Heimautomatisierung zukünftig Standard werden wird, wird das installierte KNX-System ein wichtiges Verkaufsargument sein bzw. sich das Haus ohne irgendwann vielleicht nur noch schwer verkaufen lassen. Da der potentielle Käufer mit dem System auch klarkommen muss, versuchen wir die Basis-Installation so transparent wie möglich zu machen mit einer gesunden Anzahl an Tastern/Bedienelementen ohne viele "versteckte Funktionen". Der neue Besitzer würde wahrscheinlich irgendwann schreiend aus dem Haus rennen, wenn er nach einem halben Jahr immernoch nicht versteht warum Samstags um 14:00 Uhr die Rollläden runtergehen und der Fernseher an - nur weil ich immer gern ungestört "Scrubs" geschaut habe.
Mehrwert: KNX hat für mich zwei Aspekte. Zum einen ist es eine Integrationslösung, das heißt es verbindet die verschiedenen Gewerke (Heizung, Lüftung, Rollläden, Licht, ...) miteinander. Die verschiedenen Gewerke haben zwar alle unterschiedliche Aufgaben überschneiden sich bei ihrem Tun aber auch sehr stark. Zwei banale Beispiele: Die Heizung sorgt im Winter dafür, dass es im Haus kuschelig warm ist gleichzeitig bläst die Lüftungsanlage die warme Luft auf höchster Stufe wieder nach draußen. Die Rollläden sind runtergefahren und im Haus wird das Licht angemacht, obwohl es draußen Tag ist. Ohne Bussystem "leben" die verschiedenen Gewerke nebeneinandern - aber nicht miteinander und verschwenden so z.B. Energie und Ressourcen. Würden die Gewerke von einandern "wissen", dann könnte die Lüftungsanlage den Luftwechsel reduzieren wenn geheizt wird und die Rollläden hochfahren wenn Licht im Haus benötigt wird.
Der zweite Auspekt ist die Automatisierungslösung, d.h. häufig wiederkehrende Tätigkeiten werden durch KNX automatisch erledigt. In unserer Mietwohnung müssen wir jeden Abend die Rollläden runterlassen und ziehen sie morgens wieder hoch. Das könnte das Bussystem für uns erledigen. Mit entsprechenden Sensoren ausgestattet, sogar nach Regeln die in unserem Kopf schon vollautomatisch ablaufen ohne dass wir drüber nachdenken. Wieder zwei banale Beispiele: Wenn ich im Winter morgens (6:30 Uhr) aufstehe, dann lasse ich die Rollläden unten bis es hell draußen ist - im Sommer mache ich sie um 6:30 Uhr bereits hoch. Wenn im Sommer die Sonne scheint lassen wir beim Fernsehen schauen einen bestimmten Rollladen immer runter, da die Sonne sonst auf dem Fernseher blendet.
Diese Integrations- und Automatisierungslösung ist ansich aber nicht der Mehrwert, sondern was damit erreicht wird:
- Energieeinsparungen und damit Kostensenkung
- Zeitgewinn, da das Bussystem wiederkehrende Tätigkeiten übernimmt
- Sicherheitsgewinn, z.B. durch automatisch angehendes Treppenlicht - um nicht mit einem Kasten Wasser im Halbdunkeln die Treppe runterzufallen
- Komfortgewinn, z.B. vom Bett aus das gesamte Licht im Haus ausschalten
Energieeinsparungen: Generell denke ich, dass KNX dazu betragen kann Energie zu sparen. Einmal durch die Integration aller Gewerke, wodurch verhindert werden kann, dass diese widersprüchliche Aktionen ausführen (siehe "Mehrwert"). Und zum Zweiten durch die Automatisierung, die es dem Haus ermöglich auf die Umwelt zu reagieren. Beispielsweise das automatische Hochfahren der Rollläden im Winter, wenn draußen die Sonne scheint um solare Wärmegewinne zu realisieren.
Wieviel Technik muss wirklich sein? Die beste Technik ist die die man nicht sieht/merkt. Ähnlich meinem Beispiel mit der Klimaautomatik muss KNX mir beweisen, dass es eine Unterstützung ist und nicht nur Spielerei.
Wieviel Komfort wünsch ich mir? Um die Kosten im Rahmen zu halten, wollen wir erstmal die Rollläden, das Licht und die Heizung einbinden - ohne großartige Steuerung. Der wesentliche Komfortgewinn wird erstmal das automatische Licht in den Dielen und im Treppenhaus, die Zentralfunktionen Licht ein/aus und Rollläden hoch/runter, die Gruppenschaltung von Rollläden (gerade im Wohnen/Essen mit 6 Rollläden) und ein paar Gruppen von geschalteten Steckdosen sein. Wenn dann noch Geld übrig ist, wird wahrscheinlich ein eibpc und eine Wetterstation ergänzt, um Automatismen, die Interaktion des Hauses mit der Umwelt zu realisieren und eine Visualisierung umzusetzen.
Oha...jetzt ist das doch mehr geworden, als ich ursprünglich gedacht habe. Ich hoffe trotzdem, dass meine Gedankengänge dem ein oder anderen bei der Entscheidung für/wider KNX helfen.
Schöne Grüße,
Marcel
wir bauen ein Einfamilienhaus und planen gerade die Elektro-Installation - glücklicherweise mit einem technikbegeisterten Elektriker, der auch schon ein paar Häuser mit Bussystemen ausgestattet hat.
Um anderen, die auch ein Haus bauen oder modernisieren, bei der Entscheidungsfindung für oder gegen ein Bussystem zu helfen, möchte ich hier kurz meine Gedankengänge und ein paar für mich wichtige Aspekte schildern. Ein Großteil der Leute, die auf dieses Forum treffen sind wahrscheinlich schon überzeugt, aber vielleicht verirren sich ja auch noch untentschlossene Häuslebauer hierher - die noch überzeugt werden müssen! :-)
Generell sind beim Hausbau sehr viele Entscheidungen zu treffen, die in der Regel immer einen finanziellen Mehraufwand nach sich ziehen, wenn man sich für eine bestimmte Option entscheidet. Dazu gehören beispielsweise Keller ja/nein, welchen Dämmstandard, welche Heizung, Lüftungsanlage ja/nein usw. Daher sind Aussagen wie "Ein Auto kaufst du ja auch nicht mehr ohne Klimaanlage und elektrische Fensterheber!", die ich in diesem wie auch in vielen anderen Foren gelesen habe nicht wirklich hilfreich. Damit meine ich nicht nur das Bussystem, sondern diese Aussage hört man auch zu Kellern, Wärmepumpen, Lüftungsanlagen, Dämmung usw.
Hätten wir unsere Hausplanung nach diesem Motto gemacht, dann wäre das Haus so groß wie unser Grundstück geworden und meine Enkel müßten es noch abzahlen.
Daher ist es für jedes Gewerk immer wieder eine Einzelfallentscheidung, die von persönlichen Interessen, Vorlieben, hoffentlich etwas gesundem Menschenverstand und dem Geldbeutel gesteuert wird.
Ein für mich wichtiger Aspekt war und ist die Langfristigkeit aller Entscheidungen beim Hausbau - und ich meine jetzt nicht die Farbe der Haustür und ob man jetzt eine Harzer oder Frankfurter Dachpfanne nimmt. Ein Haus baut man in der Regel nicht für die nächsten fünf Jahre und baut dann das nächste, sondern man wohnt über Jahrzehnte in dem Haus.
Ein weiterer wichtiger Aspekt ist die Möglichkeit bzw. Unmöglichkeit bestimmte Dinge in ein paar Jahren nachzuziehen - vor allem zu vertretbaren Kosten. Einen Keller kann ich nicht in ein paar Jahren noch "druntersetzen", die Rohre für die Lüftungsanlage bekomme ich nicht mehr unsichtbar in die Filigrandecke, eine komplette Neuverkabelung des Hauses ist so gut wie unmöglich.
Auch wenn viele beim Hausbau noch nicht drüber nachdenken, sollte man immer den Fall betrachten, dass man das Haus eventuell wieder verkaufen muss. D.h. was kann ich jetzt beim Hausbau schon machen, um den Wiederverkaufswert zu erhalten bzw. zu steigern? Beispielsweise gehören Lüftungsanlagen meiner Meinung nach bei Niedrigenergiehäusern zum Standard. Was muss ich vermeiden bzw. unbedingt machen, damit ich das Haus überhaupt wieder verkaufen kann? Häuser mit Keller verkaufen sich womöglich besser als Häuser ohne Keller. Was kann/sollte ich besser weglassen, weil es nicht wirklich zum Wert bzw. Werterhalt des Hauses beiträgt? Farbige Fensterrahmen sehen gut aus, aber sie kosten Geld und ist in 15 Jahren wirklich noch jemand bereit mehr für das Haus zu bezahlen nur weil es farbige Fensterrahmen hat?
Der für mich wohl wichtigste Aspekt ist, welchen Mehrwert habe ich bei der Umsetzung einer bestimmten Option und bin ich bereit den entsprechenden Preis dafür zu zahlen. Jetzt kommt doch wieder das Beispiel mit dem Auto, um diesen Aspekt etwas klarer zu machen. Vor ein paar Jahren war ich auf der Suche nach einem gebrauchten VW Golf. In meiner Wunsch-Ausstattungsvariante war eine Klimaanlage sowieso dabei, es gab aber noch die Wahlmöglichkeit ob manuell oder Klimaautomatik. Ich habe mich dann für eine Klimaautomatik entschieden. Der (Mehr)Wert der Klimaautomatik ist mir erst später wirklich bewusst geworden: einmal 21°C beim Kauf eingestellt und beim Verkauf stand die Temperatur immernoch auf 21°C. Das einzige was ich an der Klimaanlage im Laufe der Jahre bedient habe war die Taste für die Frontscheibe, wenn sie stark beschlagen war. Seit dem habe ich kein Auto mehr ohne Klimaautomatik gefahren. Die Klimaautomatik ist und war ein großer Zugewinn an Sicherheit (Scheibe ist schneller frei und keine Ablenkung beim Fahren mehr durch die Bedienung der Lüftung) und Komfort. Kostet die Klimaautomatik jetzt 1000€ Aufpreis, muss jeder für sich selbst entscheiden, ob ihm der Zugewinn an Sicherheit und Komfort diese 1000€ wert ist.
In Zeiten immer weiter steigender Energiepreise und knapper werdender Ressourcen sollte man auch den ökologischen Aspekt nicht aus den Augen lassen. Kann eine bestimmte Investition dazu betragen Energie und Ressourcen zu sparen? Oder noch besser, armortisiert sich eine Investition durch Einsparungen vielleicht sogar irgendwann? Trifft nur ersteres zu, ist es wohl eher eine persönliche Entscheidung weil man der Umwelt vielleicht "etwas Gutes tun will". Armortisiert sich die Investition irgendwann, braucht man eigentlich nicht lange zu überlegen ob man es macht oder nicht.
Alle bisher genannten Aspekte fallen wohl in die Kategorie "gesunder Menschenverstand" bzw. "Geldbeutel gesteuert" - alles was jetzt folgt ist rein von persönlichen Interessen und Vorlieben gesteuert.
Generell sollte man sich selbst vielleicht mal fragen, welcher Typ "Hausbauer" bin ich? Muss alles schön sein und gut aussehen oder sind mir Funktionalität und Zweckmäßigkeit wichtiger. Ich bin eher der funktionale Typ - meine Frau zum Glück auch - was schnell dazu geführt hat, dass wir "schöne Dinge", wie z.B. farbige Fenster oder eine Stahlwangentreppe, beispielsweise gegen elektrische Rollläden getauscht haben. In Richtung Süden gibt es keine Erker, Zwerchgiebel oder was auch immer, da wir planen das komplette Dach mit Photovoltaik-Modulen zu bestücken.
Wieviel Technik muss wirklich sein? Ich habe eine technische Ausbildung gemacht, bin seit mehr als 12 Jahren Softwareentwickler, habe nebenbei Wirtschaftsingenieurwesen (halb BWL und halb Maschinenbau) studiert, bin Modellbauer (Flugzeuge, Hubschrauber). Damit wäre die Frage für mich beantwortet. Hier gibt es aber trotzdem mehrere begrenzende Faktoren. Ich werde - glücklicherweise - nicht allein in dem Haus wohnen, sondern da sind noch meine Frau und mein kleiner Sohn. Beide sollen sich wohlfühlen und das Haus auch "bedienen" können. Zum anderen soll auch Besuch mit dem Haus zurecht kommen. Sollten wir das Haus mal verkaufen oder vermieten, dann soll der Nachbesitzer bzw. Mieter auch klar kommen und nicht erst die Bedienungsanleitung für das Haus lesen müssen.
Wieviel Komfort wünsch ich mir? Um nochmal das Beispiel mit der Klimaautomatik zu bemühen. Generell finde ich dieses pauschale Argument ein Bussystem zu installieren, weil es zum Haus gehört wie die Klimaanlage zum Auto, ziemlich platt. Es verschreckt viele Neulinge und Leute die nicht so technikbegeistert sind, weil ihnen quasi indirekt an den Kopf geworfen wird, baue ein Bussystem ein oder lass den Hausbau bleiben. Jeder kennt den Komfortgewinn einer Klimaanlage - spätestens wenn er im Sommer bei 35°C im Stau steht. Aber ein Bussystem? Das kann für sich allein erstmal weder die Temperatur regeln, noch die Rollläden hoch und runter fahren, noch das Licht ein- und ausschalten. Dazu benötigt es mindestens eine Heizungsanlage, elektrische Rollläden und ein paar Lampen an der Decke - alles haben wir bei unserem Hausbau vorgesehen. Aber ein Bussystem?
Nachdem ich jetzt ein paar mir wichtige Aspekte versucht habe darzustellen, kommt nachfolgend meine "Bewertung" von KNX und der Versuch den mittleren 4-stelligen Aufpreis für unsere KNX-Basisinstallation zu rechtfertigen. ;-)
Langfristigkeit: Für mich bedeutet KNX Fortschritt und gehört in der Zukunft einfach dazu. Die Integration verschiedener Systeme und deren Automatisierung gibt es in der heutigen Welt schon überall - außer im eigenen Heim.
Nachrüstbarkeit: Ich kann mir nur schwer vorstellen, dass ich in ein paar Jahren das komplette Haus neu verkabeln werde, um bei einer konventionellen Installation dann KNX nachzurüsten. Daher wird KNX etweder jetzt beim Neubau umgesetzt, oder gar nicht.
Wiederverkauf: Da ich der Meinung bin, dass KNX bzw. generell die Heimautomatisierung zukünftig Standard werden wird, wird das installierte KNX-System ein wichtiges Verkaufsargument sein bzw. sich das Haus ohne irgendwann vielleicht nur noch schwer verkaufen lassen. Da der potentielle Käufer mit dem System auch klarkommen muss, versuchen wir die Basis-Installation so transparent wie möglich zu machen mit einer gesunden Anzahl an Tastern/Bedienelementen ohne viele "versteckte Funktionen". Der neue Besitzer würde wahrscheinlich irgendwann schreiend aus dem Haus rennen, wenn er nach einem halben Jahr immernoch nicht versteht warum Samstags um 14:00 Uhr die Rollläden runtergehen und der Fernseher an - nur weil ich immer gern ungestört "Scrubs" geschaut habe.
Mehrwert: KNX hat für mich zwei Aspekte. Zum einen ist es eine Integrationslösung, das heißt es verbindet die verschiedenen Gewerke (Heizung, Lüftung, Rollläden, Licht, ...) miteinander. Die verschiedenen Gewerke haben zwar alle unterschiedliche Aufgaben überschneiden sich bei ihrem Tun aber auch sehr stark. Zwei banale Beispiele: Die Heizung sorgt im Winter dafür, dass es im Haus kuschelig warm ist gleichzeitig bläst die Lüftungsanlage die warme Luft auf höchster Stufe wieder nach draußen. Die Rollläden sind runtergefahren und im Haus wird das Licht angemacht, obwohl es draußen Tag ist. Ohne Bussystem "leben" die verschiedenen Gewerke nebeneinandern - aber nicht miteinander und verschwenden so z.B. Energie und Ressourcen. Würden die Gewerke von einandern "wissen", dann könnte die Lüftungsanlage den Luftwechsel reduzieren wenn geheizt wird und die Rollläden hochfahren wenn Licht im Haus benötigt wird.
Der zweite Auspekt ist die Automatisierungslösung, d.h. häufig wiederkehrende Tätigkeiten werden durch KNX automatisch erledigt. In unserer Mietwohnung müssen wir jeden Abend die Rollläden runterlassen und ziehen sie morgens wieder hoch. Das könnte das Bussystem für uns erledigen. Mit entsprechenden Sensoren ausgestattet, sogar nach Regeln die in unserem Kopf schon vollautomatisch ablaufen ohne dass wir drüber nachdenken. Wieder zwei banale Beispiele: Wenn ich im Winter morgens (6:30 Uhr) aufstehe, dann lasse ich die Rollläden unten bis es hell draußen ist - im Sommer mache ich sie um 6:30 Uhr bereits hoch. Wenn im Sommer die Sonne scheint lassen wir beim Fernsehen schauen einen bestimmten Rollladen immer runter, da die Sonne sonst auf dem Fernseher blendet.
Diese Integrations- und Automatisierungslösung ist ansich aber nicht der Mehrwert, sondern was damit erreicht wird:
- Energieeinsparungen und damit Kostensenkung
- Zeitgewinn, da das Bussystem wiederkehrende Tätigkeiten übernimmt
- Sicherheitsgewinn, z.B. durch automatisch angehendes Treppenlicht - um nicht mit einem Kasten Wasser im Halbdunkeln die Treppe runterzufallen
- Komfortgewinn, z.B. vom Bett aus das gesamte Licht im Haus ausschalten
Energieeinsparungen: Generell denke ich, dass KNX dazu betragen kann Energie zu sparen. Einmal durch die Integration aller Gewerke, wodurch verhindert werden kann, dass diese widersprüchliche Aktionen ausführen (siehe "Mehrwert"). Und zum Zweiten durch die Automatisierung, die es dem Haus ermöglich auf die Umwelt zu reagieren. Beispielsweise das automatische Hochfahren der Rollläden im Winter, wenn draußen die Sonne scheint um solare Wärmegewinne zu realisieren.
Wieviel Technik muss wirklich sein? Die beste Technik ist die die man nicht sieht/merkt. Ähnlich meinem Beispiel mit der Klimaautomatik muss KNX mir beweisen, dass es eine Unterstützung ist und nicht nur Spielerei.
Wieviel Komfort wünsch ich mir? Um die Kosten im Rahmen zu halten, wollen wir erstmal die Rollläden, das Licht und die Heizung einbinden - ohne großartige Steuerung. Der wesentliche Komfortgewinn wird erstmal das automatische Licht in den Dielen und im Treppenhaus, die Zentralfunktionen Licht ein/aus und Rollläden hoch/runter, die Gruppenschaltung von Rollläden (gerade im Wohnen/Essen mit 6 Rollläden) und ein paar Gruppen von geschalteten Steckdosen sein. Wenn dann noch Geld übrig ist, wird wahrscheinlich ein eibpc und eine Wetterstation ergänzt, um Automatismen, die Interaktion des Hauses mit der Umwelt zu realisieren und eine Visualisierung umzusetzen.
Oha...jetzt ist das doch mehr geworden, als ich ursprünglich gedacht habe. Ich hoffe trotzdem, dass meine Gedankengänge dem ein oder anderen bei der Entscheidung für/wider KNX helfen.
Schöne Grüße,
Marcel
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